KAG Freiburg: Unterlassungsanspruch bei Einführung eines Hinweisgebersystems ohne Beteiligung der Mitarbeitervertretung
Sachverhalt:
Die Erzdiözese Freiburg veröffentlichte am 03.12.2021 im Amtsblatt Ausführungsbestimmungen zur Einführung eines Hinweisgebersystems. Die Gesamt-MAV der Bistumseinrichtungen hat sich dagegen gewendet und u.a. beantragt, feststellen zu lassen, dass die Veröffentlichung rechtswidrig war und die Einführung eines elektronischen Hinweisgebersystems zu unterlassen ist.
Das Bistum hat nach Klageerhebung die Klage in vollem Umfang anerkannt. Auf dieser Basis ist folgendes Anerkenntnisurteil ergangen:
1.Es wird festgestellt, dass die Veröffentlichung der Ausführungsbestimmungen zum Hinweisgebersystem im Amtsblatt der Beklagten vom 03.12.2021 rechtswidrig war.
2. Der Beklagten wird aufgegeben, es zu unterlassen, ein einrichtungsübergreifendes elektronisches Hinweisgebersystem einzuführen und/oder zu betreiben, ohne die Gesamt-MAV nach § 29 Abs. 1 Nr. 3 MAVO angehört oder im Falle der Erhebung von Einwendungen das Verfahren nach § 29 Abs. 3 und 4 MAVO durchlaufen zu haben.
3. Der Beklagten wird aufgegeben, es zu unterlassen, ein einrichtungsübergreifendes elektronisches Hinweisgebersystem einzuführen und/oder zu betreiben, sofern nicht die Zustimmung der Gesamt-MAV erteilt oder die fehlende Zustimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 9 MAVO durch Spruch der Einigungsstelle ersetzt ist.
4. Es wird festgestellt, dass die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin zur Vertretung im arbeitsgerichtlichen Verfahren notwendig im Sinne von § 17 Abs. 1 MAVO ist.
5. Etwaige weitere Auslagen der Klägerin hat die Beklagte zu tragen.
Hinweise Dr. Norbert Gescher Dem Urteil kommt große praktische Bedeutung vor allem dem auch vor dem Hintergrund der geplanten Einführung des „Gesetzes für einen besseren Schutzhinweis geben der Personen sowie zur Umsetzung der Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden“ zu. Dort ist in § 12 die Verpflichtung zur Einrichtung einer internen Meldestelle für Beschäftigungsgeber mit jeweils in der Regel mindestens 50 Beschäftigten vorgesehen. Wichtig ist auch, dass hier durch das kirchliche Arbeitsgericht Freiburg klargestellt wird, dass auch Verstöße gegen § 29 MAVO einen Unterlassungsanspruch auslösen. Zuletzt haben insbesondere auch Regelungen zum Umgang mit der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die ebenfalls unter § 29 Abs. 1 Nr. 3 MAVO fallen, viele Mitarbeitervertretungen beschäftigt. Die Rechtsprechung des kirchlichen Arbeitsgerichts Freiburg ist auf diese Konstellationen übertragbar und auch dort steht den Mitarbeitervertretungen damit ein Unterlassungsanspruch zu, solange die Beteiligungsrechte nicht gewahrt wurden. |
KAG Freiburg
Urteil vom 09.02.2023
M 03/2022